Lebenslanges Lernen ermöglicht Mitarbeitenden, sich an neue Technologien, Arbeitsprozesse und Marktanforderungen anzupassen. Für Unternehmen bedeutet dies eine erhöhte Produktivität, Innovationskraft und Mitarbeiterbindung.
Lebenslanges Lernen in der VUCA-Welt
In der heutigen „VUCA“-Welt, (Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität), wird lebenslanges Lernen noch wichtiger. Die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, ist entscheidend, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Nur durch die Unterstützung eines Netzwerks können komplexe Aufgaben bewältigt, Wissen ausgetauscht, bewahrt und erweitert sowie neue Ideen und Innovationen hervorgebracht werden. Es ist eine wesentliche Aufgabe der Unternehmen, diesen Prozess bei ihren Mitarbeitenden zu initiieren und zu fördern. In einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt ist lebenslanges Lernen kein optionales Extra mehr, sondern eine Notwendigkeit. Personalentwicklungsverantwortliche in Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Mitarbeitende kontinuierlich zu fördern und deren Fähigkeiten zu erweitern.
Offizielle Strukturen und Programme in Deutschland
In Deutschland gibt es zahlreiche Initiativen, die lebenslanges Lernen unterstützen. Ein prominentes Beispiel ist die „Nationale Weiterbildungsstrategie“, die von der Bundesregierung und den Sozialpartnern entwickelt wurde. Sie zielt darauf ab, die Weiterbildungsbeteiligung zu erhöhen und bestehende Angebote besser zu vernetzen. Das Strategiepapier des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) betont die Bedeutung von Weiterbildung für die digitale und klimaneutrale Zukunft Deutschlands. Die zehn zentralen Strategiepunkte umfassen die Förderung lebenslangen Lernens, den Ausbau digitaler Kompetenzen, die Stärkung betrieblicher Weiterbildung, die Unterstützung geringqualifizierter und älterer Beschäftigter, die Verbesserung der Weiterbildungsberatung, die Förderung von Innovationen, die Kooperation mit Sozialpartnern, die Schaffung flexibler Lernformate, die Entwicklung eines nationalen Weiterbildungsportals und die Sicherstellung der Qualität der Weiterbildungsangebote. Bei der ersten Nationalen Weiterbildungskonferenz im November 2023 wurden erste Fortschritte präsentiert, die nächste Konferenz ist für Frühjahr 2025 geplant. Laut dem Fachkräftemonitoring der Bundesregierung fehlen bis 2026 etwa 240.000 Arbeitskräfte. Zudem zeigt der Umsetzungsbericht, dass die Weiterbildungsausgaben 2017 insgesamt 16,6 Milliarden Euro betrugen. Diese Maßnahmen und Zahlen unterstreichen die Bedeutung kontinuierlicher Weiterbildung zur Sicherung von Fachkräften und Innovationskraft in einer sich wandelnden Wirtschaft
Seit dem 1. Januar 2024 bietet das Onlineportal „mein NOW“ im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie einen zentralen Einstiegspunkt für berufliche Weiterbildung und stellt umfassende Informationen zu Berufen, Branchen, Perspektiven, Fördermöglichkeiten und Beratung zur Verfügung. Nutzer können ihre digitalen Kompetenzen durch Online-Tests prüfen und passende Weiterbildungen finden. Der Fördernavigator hilft dabei, geeignete Fördermöglichkeiten wie Bildungsgutscheine oder Bildungsurlaub zu identifizieren. Darüber hinaus bietet das Portal detaillierte Informationen zu Berufsbildern und deren Perspektiven sowie Beratungsangebote, um individuelle Unterstützung zu gewährleisten. Diese Tools machen das Portal zu einem wertvollen Ressource für berufliche Weiterbildung und Karriereentwicklung.
Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt mit dem Qualifizierungschancengesetz sowohl Beschäftigte als auch Unternehmen bei der Anpassung an den digitalen Wandel. Dabei übernimmt sie die vollen Weiterbildungskosten und erstattet bis zu 100% der Gehaltskosten. Zusätzlich können Fahrkosten, Kosten für auswärtige Unterbringung und Kinderbetreuung übernommen werden. AZAV-zertifizierte Bildungsträger, finden sich in der Datenbank KURSNET. Ein weiteres wichtiges Instrument ist die Bildungsprämie, die berufliche Weiterbildungen finanziell fördert. Sie richtet sich an Erwerbstätige und unterstützt sie u.a. durch Prämiengutscheine für Weiterbildungskosten.
Das föderalistische System und Unterschiede zwischen den Bundesländern
Das föderalistische System in Deutschland führt zu unterschiedlichen Regelungen und Angeboten zur Weiterbildung in den einzelnen Bundesländern. Jedes Bundesland hat eigene Programme und Initiativen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung. Dies bietet Unternehmen und Arbeitnehmern eine Vielzahl von Möglichkeiten, aber auch eine gewisse Komplexität bei der Navigation durch die verschiedenen Angebote.
Zum Beispiel bietet das Land Nordrhein-Westfalen das Programm „Bildungsscheck NRW“ an, das Weiterbildungen für Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) finanziell unterstützt. In Bayern gibt es die „Bildungsprämie Bayern“, die eine ähnliche Funktion erfüllt. Diese regionalen Unterschiede machen es notwendig, dass Personalentwicklungs-verantwortliche sich detailliert über die spezifischen Angebote in ihrem Bundesland informieren und die für ihre Mitarbeitenden passenden Programme auswählen.
Bildungsurlaub: Ein wichtiger Baustein für lebenslanges Lernen
Bildungsurlaub ist ein weiteres wichtiges Instrument zur Förderung von Weiterbildung. In Deutschland haben Arbeitnehmende in vielen Bundesländern Anspruch auf Bildungsurlaub, der es ihnen ermöglicht, sich für eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr beruflich oder politisch weiterzubilden. Die Regelungen und der Umfang des Bildungsurlaubs variieren jedoch je nach Bundesland.
Beispielsweise haben Arbeitnehmende in Berlin, Brandenburg und Bremen Anspruch auf bis zu zehn Tage Bildungsurlaub innerhalb von zwei Jahren, während in anderen Bundesländern wie Bayern und Sachsen bisher keine gesetzlichen Regelungen zum Bildungsurlaub bestehen. Personalentwicklungsverantwortliche sollten ihre Mitarbeitenden ermutigen, diese Möglichkeiten zu nutzen, und sie bei der Auswahl geeigneter Weiterbildungsangebote unterstützen.
Finanzierung von Weiterbildungen
Die Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen ist ein wesentlicher Aspekt der Personalentwicklung. In Deutschland gibt es verschiedene Möglichkeiten, Fort- und Weiterbildungen zu finanzieren. Neben der bereits erwähnten Bildungsprämie und den Förderprogrammen der Bundesagentur für Arbeit können Unternehmen auch auf Mittel des Europäischen Sozialfonds (ESF) zurückgreifen. In Deutschland kann die Förderung durch den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) von einer Vielzahl von Akteuren beantragt werden, darunter Unternehmen, Bildungsträger, Kommunen und gemeinnützige Organisationen. Die Fördermittel sind darauf ausgerichtet, Projekte zu unterstützen, die Menschen in Arbeit bringen oder ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern. Dabei werden die Mittel durch nationale und regionale Behörden verwaltet, die auch für die Umsetzung der Projekte verantwortlich sind. Der ESF fördert Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit und zur Anpassung an den Strukturwandel. Weitere Informationen finden Sie auch auf der Webseite ESF Deutschland.
Weitere Finanzierungsmöglichkeiten sind das Aufstiegs-Bafög und das Aufstiegsstipendium. Beide Programme unterstützen finanziell bei der beruflichen Fortbildung und übernehmen einen Teil der Weiterbildungskosten. Das Aufstiegsstipendium richtet sich an besonders begabte Fachkräfte.
Für Unternehmen ist es zudem sinnvoll, ein internes Weiterbildungsbudget zu etablieren und strategisch einzusetzen. Dieses Budget kann durch steuerliche Anreize und staatliche Förderprogramme aufgestockt werden. Auch wenn es hierzu keine gesetzliche Verpflichtung gibt – Eine Investition in die Weiterbildung der Mitarbeitende zahlt sich langfristig durch höhere Produktivität und Innovationskraft aus.
Best Practices für Personalentwicklungsverantwortliche
Personalentwicklungsverantwortliche sollten eine klare Strategie für lebenslanges Lernen entwickeln. Dazu gehört die Identifikation der benötigten Kompetenzen und die Auswahl geeigneter Weiterbildungsangebote. Eine enge Zusammenarbeit mit Bildungs- und Weiterbildungsunternehmen kann dabei helfen, maßgeschneiderte Lösungen zu finden.
Ein weiteres Beispiel ist die Implementierung eines Lernmanagementsystems (LMS), das Weiterbildungsmaßnahmen koordiniert und dokumentiert sowie Content bereitstellt. Solche Systeme ermöglichen es, individuelle Lernpfade zu erstellen und den Fortschritt der Mitarbeitenden zu verfolgen. Zudem können Unternehmen und Weiterbildungsorganisationen durch die Nutzung digitaler Lernplattformen die Flexibilität und Zugänglichkeit von Weiterbildungsangeboten erhöhen. Eine grundlegende Frage, die sich Unternehmen stellen sollten, ist, inwieweit ihre Kapazitäten und ihr internes Know-how ausreichen, um Personalentwicklungsmaßnahmen strategisch und operativ zu planen und umzusetzen, und ob eine Zusammenarbeit mit externen Partnern sinnvoll ist.
Chancen und Aufgaben für Aus- und Weiterbildungsanbieter
Für Bildungs- und Weiterbildungsanbieter eröffnet die zunehmende Bedeutung des lebenslangen Lernens große Chancen. Die Nachfrage nach maßgeschneiderten und flexiblen Weiterbildungsangeboten wächst stetig. Anbieter, die innovative und praxisorientierte Programme entwickeln, können sich in diesem wachsenden Markt erfolgreich positionieren. Besonders gefragt sind digitale Lernformate, die orts- und zeitunabhängiges Lernen ermöglichen.
Ein weiteres Wachstumsfeld ist die Zusammenarbeit mit Unternehmen bei der Entwicklung firmenspezifischer Weiterbildungsprogramme. Diese Partnerschaften sind für Weiterbildungsanbieter eine Chance, ihre Anzahl an Lernenden zu erhöhen, ohne an Qualität einzubüßen. finden Sie eine Checkliste zu Qualitätskriterien für berufliche Weiterbildungen. Zusätzliche Finanzierungsarten stellen Bildungsinstitutionen vor neue Herausforderungen in der Verwaltung. So ist es beispielsweise verpflichtend im Rahmen des Aufstiegs-Bafögs die Anwesenheitszeiten der Teilnehmenden verlässlich zu dokumentieren. Mit steigenden Teilnehmendenzahlen sind diese Aufgaben softwaregestützt leichter zu bewältigen und lenken den Fokus nicht vom Kerngeschäft ab. Weitere Informationen hierzu finden Sie auch unter.
Lebenslanges Lernen ist entscheidend für die berufliche Entwicklung von Mitarbeitenden und den Erfolg von Unternehmen. Durch die gezielte Förderung von Fort- und Weiterbildungen können Personalentwicklungsverantwortliche die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens stärken. Offizielle Strukturen und Programme, wie sie in Deutschland existieren, bieten wertvolle Unterstützung. Die Unterschiede im föderalistischen System und die Möglichkeiten des Bildungsurlaubs erweitern das Spektrum der Weiterbildungsangebote. Eine strategische Planung und die richtige Finanzierung sind dabei unerlässlich. Unternehmen sollten die Chancen des lebenslangen Lernens nutzen und ihre Mitarbeitenden kontinuierlich weiterentwickeln, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein.