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Veränderte Lebensbedingungen fordern neue Ausbildungsberufe

Zusammenfassung

Die Digitalisierung und die veränderten Ansprüche an die Unternehmen fordern neue Jobs und neue Qualifikationen der Arbeitnehmer. Neue Ausbildungsberufe werden benötigt und die Unternehmen und Bildungsinstitute stehen vor der Herausforderung, diese Veränderungen in der Praxis umzusetzen. 

Doch, wie entsteht eigentlich ein neuer Ausbildungsberuf?

Ein langwieriger bürokratischer Prozess geht der Schaffung eines neuen Ausbildungsberufes voraus. Rund zehn Jahre vergingen, bis sich die ersten Auszubildenden 2018 auf den brandneuen Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau im E-Commerce bewerben konnten. Dank Max-Josef Weismeier, Ausbildungsleiter der Baur-Gruppe und Fred Wunder, Ausbildungsberater der IHK für Oberfranken Bayreuth, erfolgte die Umsetzung sogar in Rekordzeit. 

Die Initiative zur Schaffung eines neuen Ausbildungsberufes geht dabei laut Bundesinstitut für Berufsbildung von Fachverbänden, Spitzenorganisationen der Arbeitgeber, Gewerkschaften oder vom BIBB selbst aus.

Schritt für Schritt dem Ziel ein Stückchen näher

  1. An erster Stelle steht zunächst die Bedarfsermittlung. Sie erkennen den Bedarf eines neuen Ausbildungsberufes? Dann bringen Sie den Stein selbst ins Rollen oder wenden Sie sich an zuständige Personen aus der Wirtschaft, Politik oder den Gewerkschaften.
  2. Ist der Bedarf erkannt und definiert, geht es ins Detail: die Definition der Anforderungen an den neuen Beruf. Dabei werden die Tätigkeiten, Lerninhalte sowie die erforderlichen Qualifikationen des Bewerbers definiert und bei der Ausarbeitung Fachleute aus Berufsverbänden und Arbeitgebervertretungen einbezogen.
  3. Für die Vereinheitlichung ist die Erstellung der Ausbildungsordnung unverzichtbar. Hier werden die Ausbildungsziele und deren Inhalt in zeitlicher Abfolge definiert, genauso wie die abschließenden Prüfungsanforderungen.  Wobei die Abstimmung zwischen der Ausbildungsordnung und den Rahmenlehrplanentwürfen – für die schulischen Ausbildungsteil – mit den Fachleuten aus den Berufsschulen abgestimmt wird.
  4. In Schritt vier kommt das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ins Spiel. Anhand des Ausbildungsordnung prüft das BIBB, ob der Ausbildungsberuf den Anforderungen des Berufsbildungsgesetzes entspricht. Dabei stehen der Inhalt und die Methoden auf dem Prüfstand. Weist der Ausbildungsrahmenplan noch Lücken oder Verbesserungsmöglichkeiten auf, kann das BIBB zusätzlich Änderungen vorschlagen.
  5. Jetzt wird es politisch: das zuständige Ministerium entscheidet mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung über die Ausbildungsordnung. Hier steht oder fällt die Entscheidung – wird der neue Ausbildungsberuf zugelassen?
  6. Gibt das zuständige Ministerium ihr Go, erfolgt die Veröffentlichung über den Beschluss des neuen Ausbildungsberufes inkl. der Ausbildungsordnung im Bundesgesetzblatt. Herzlichen Glückwunsch!
  7. Nachdem die größten bürokratischen Hürden genommen sind, haben die Berufsschulen und Betriebe die Verantwortung, sich auf den neuen Ausbildungsberuf vorzubereiten. Wertvolle Checklisten, Praxisbeispiele, Erläuterungen und Möglichkeiten zur Weiterbildung finden Sie in der Reihe “Ausbildung gestalten”, die das BIBB veröffentlicht. Jetzt gilt es Ausbildungspläne zu erstellen, Lehrmaterialien zu entwickeln und das Personal fachlich zu schulen.

Ein langer Weg, der sich lohnt! Denn am Ende profitieren alle Seiten von den neu gewonnenen Fähigkeiten der jungen Mitarbeiter. 

Dabei hat in den letzten Jahren insbesondere der technologische Fortschritt Auswirkungen auf die Arbeitswelt. So wurde zum Ausbildungsbeginn 2021 z. B. der neue Ausbildungsberuf – Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration – eingeführt.

Bestehende Ausbildungsberufe werden modernisiert

Doch bevor Neues geschaffen wird, sollte der Blick zunächst auf die bereits bestehenden Ausbildungsberufe gelenkt werden. Davon gibt es laut Berufsinstitut für Bildung aktuell 324 Stück in Deutschland, die offiziell anerkannt sind. 

Allein zum Ausbildungsbeginn 2021 trat die Modernisierung von acht Ausbildungsberufen in Kraft. 

Fortschritt bedeutet Veränderung

Die fortschreitende Digitalisierung, moderne Technologien wie die künstliche Intelligenz und Automatisierungsprozesse holen uns im Alltag immer schneller ein. Manche Berufe fallen weg oder es werden mehrere fachspezifische Berufe zusammengefasst, manche müssen neu kreiert werden und wieder anderen steht die Anpassung bevor.

Neben dem technologischen Fortschritt beeinflussen jedoch auch Faktoren wie der demografische Wandel – besonders im Hinblick auf die Gesundheits- und Pflegeberufe – oder die Anforderungen des Arbeitsmarktes unsere Ausbildungsberufe.

Dabei erfolgt die Modernisierung an unterschiedlichen Stellen:

  • Aktualisierung und Veröffentlichung der Ausbildungsordnung im Bundesgesetzblatt durch den Bund-Länder-Koordinierungsausschuss Ausbildungsordnungen/Rahmenlehrpläne (KoA): Im Ausbildungsinhalt können auf diese Weise neue Technologien, Verfahren oder Arbeitsabläufe berücksichtigt werden.
  • Anpassung des Lehrplans: Durch die geänderte Ausbildungsordnung können die Lehrmethoden z. B. auf neue Technologien umgestellt werden. 
  • Implementierung der neuen Lehr- und Lernmethoden: Hier könnten in Folge z. B. E-Learning-Plattformen entstehen oder neue Herangehensweise mittels Gamification gelehrt werden.
  • Anwendung in der Praxis: Auch die Betriebe selbst sind gefragt, ihre Arbeitsweisen und Technologien auf den Prüfstand zu stellen und anzupassen, um den Auszubildenden den Umgang in der Praxis zu ermöglichen. Informiert und beraten werden sie dabei von dem BIBB.

Die Herausforderungen der Unternehmen

Qualifizierung der Ausbilder

Gerade kleinere Unternehmen stehen vor der Herausforderung der Praxisumsetzung in ihren Betrieben. Am wichtigsten ist dabei die Qualifizierung der Ausbilder, die durch interne oder externe Schulungen von Experten gewährleistet wird. Weitere Informationen dazu finden Sie in den Publikationen der Reihe “Ausbildung gestalten” oder direkt durch das Bundesinstitut für Berufsbildung.

Recruiting-Strategie

Lenken Sie den Blick ins Innere Ihres Unternehmens. Auch hier gibt es unterschiedliche Stellschrauben, an denen gedreht werden muss. Werfen Sie u. a. einen Blick auf Ihre Recruiting-Strategien:

  • Welche Anforderungen und Aufgabengebiete umfassen Ihre Stellenanzeigen? 
  • Ist Ihre Karriereseite noch aktuell? 
  • Wie werbe ich für die neue Ausbildungsstelle? 

Ausstattung und Arbeitsabläufe innerhalb des Betriebes 

Sie haben erfolgreich passende Kandidaten für die neue Ausbildungsstelle gefunden. Nun liegt es bei Ihnen sicherzustellen, dass die Auszubildenden mit den richtigen Methoden und Lehrinhalten die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erlangen. 

Sind Sie auf dem richtigen Weg? Regelmäßige Feedbackgespräche und eine offene Kommunikation mit den Auszubildenden können Ihnen dabei helfen, dem neuen Ausbildungsberuf gerecht zu werden – schließlich ist dies auch für Sie eine neue Erfahrung.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind in diesem Prozess gefragt. Gemeinsam erreichen Sie das Ziel und tragen sogar selbst dazu bei, den Ausbildungsberuf attraktiv zu gestalten. Der Einsatz neuer Technologien und Arbeitsabläufen ist in diesem Zuge auch eine großartige Chance, Ihr Unternehmen auf das nächste Level zu heben.

Mit Engagement zum Erfolg

Erneut ein kurzer Rückblick ins Jahr 2018 und dem maßlosen Engagement Weismeiers bei der Einführung des Ausbildungsberufes Kaufmann/-frau im E-Commerce. Denn genau in diesem Beispiel zeigt sich, welchen Einfluss die Unternehmen auf die Ausbildung und die Schaffung und Modernisierung der Ausbildungsberufe haben können. 

Nach der Erkenntnis, dass Theorie und Praxis der kaufmännischen Ausbildungsinhalte voneinander abweichen, wollte Weismeier selbst den Stein ins Rollen bringen, um einen neuen Ausbildungsberuf zu schaffen. Besonders die Auszubildenden seines Unternehmens bezog er in dieses Projekt mit ein. Es wurden die geforderten Fertigkeiten gesammelt, priorisiert und strukturiert, woraus letztendlich die neue Ausbildungsordnung entstand. Eine beispiellose Zusammenarbeit, die auch den Auszubildenden die Chance gab, die Zukunft der Berufsbildung mitzugestalten. 

Denn auf wen, wenn nicht auf die Auszubildenden selbst, sind die Auswirkungen neuer Ausbildungsmöglichkeiten am größten? 

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